Das Hauptziel meiner "Berufsausbildung" war spätestens klar, als ich Minifrauchen kennengelernt habe. Es gibt nicht schöneres, als mit ihr irgendeinen Unsinn auszuhecken, denn sie ist für fast alles zu haben!
Na ja und schwer war es dann auch nicht gerade alle meine Lieben um den kleinen Finger zu wickeln: Ein treuer Blick aus meinen unwiderstehlichen braunen Augen und sie schmolzen dahin.
Kein Wunder, daß ich schon nach kurzer Lehrzeit (und damit meine ich die meiner Familie!) zur absoluten Nr. 1 in der Familie wurde.
O.K., der erste Job war mir eigentlich mehr so "zugeflogen", aber das wohl nur deshalb, weil ich einige dafür erforderliche Fähigkeiten sozusagen "in die Wiege gelegt bekam":
Anhänglichkeit: Mein Frauchen stolperte schon morgens auf dem Weg aus dem Bad über mich, wenn sie es überhaupt alleine dort hinein geschafft hatte!
Freundlichkeit: Ich habe mich über jede Art von Besuch dermaßen gefreut, daß selbst der Postbote ganz erstaunt war und mit der Zeit ganz zutraulich wurde.
Menschenkenntnis: für einen Familienhund eine super wichtige Eigenschaft, die garantiert, daß man immer etwas schneller ist, als die übrigen Familienmitglieder. Ganz zu schweigen davon, daß man mit dieser geradezu hellseherischen Fähigkeit immer wieder gut "Eindruck schinden" kann!
Gute Laune - immer: Eine gute Voraussetzung um immer für einen Schabernack mit Minifrauchen bereit zu sein und um der beste Seelentröster überhaupt zu werden!
Also, einen Job mit Lebensstellung hatte ich ja nun schnell bekommen, aber natürlich ist das für einen aktiven Hund wie mich nicht genug! Ich wollte mehr - und ich bekam mehr!
Zusammen mit Frauchen und Minifrauchen ging es schon nach wenigen Tagen im neuen Zuhause in die Hundeschule. Eine prima Einrichtung, kann ich nur sagen, obwohl es mir im "Hundekindergarten" zu Anfang noch ein wenig an Ernsthaftigkeit fehlte (das sollte aber so sein!!). Dort konnte ich zunächst einmal viele andere Hundekinder kennenlernen und wir probierten anfangs jede Menge Sachen aus: Ein Bällchenbad gehörte ebenso dazu, wie ein kleiner Tunnel, aus dem ich gar nicht wieder herauskommen wollte, so schön war es darin. Auch bei den ersten "Such-deinen-Menschen"-Übungen fand ich erstmal alles andere interessant; Frauchen kannte ich schließlich schon ein paar Tage und auf dem Hundeplatz roch es mindestens nach 101 anderen Hunden, die ich alle kennenlernen wollte! Aber das Wichtigste war, alle hatten total viel Spaß miteinander und damit mein Frauchen am Ende der Stunde trotz meiner unstillbaren Neugier zufrieden mit mir war, habe ich ihr so manchen Gefallen getan (o.k., dafür schuldete sie mir dann auch das eine oder andere Leckerli). Im Alter von etwa 20 Wochen ging es dann vom "Hundekindergarten" direkt in die "Grundschule", auch eine Sache, die sehr viel Spaß gemacht hat: "Sitz!, Platz!, Hierher!, Steh!, Bleib! Fuß!, oder kurz gesagt ein grundlegender Exkurs durch Langenscheids Fremdsprachenlexikon "Mensch-Hund", "Hund-Mensch". Natürlich waren mir die Inhalte aller Vokabeln schnell klar, trotzdem fand ich deren "situationsbezogene Auslegung" immer viel interessanter, schließlich bin ich ein Irish Terrier und nicht irgendein dahergelaufenener Befehlsempfänger. Unsereins beschäftigt sich eben nicht nur mit dem Vokabeltraining, sondern erwartet von "seinem Menschen" auch ein wenig Raum für die eigene Interpretation oder schlicht Verständnis dafür, dass ich im Moment vielleicht einfach mal etwas anderes zu tun habe. Das geht den Menschen schließlich oft genauso und so glaube ich, dass nur die "verständige" Menschenfraktion überhaupt über die Anschaffung eines "Hundes mit eigenem Kopf" (= Irish Terrier) nachdenken sollte. Hier einige Beispiele aus dem Langenscheid-Teil "Mensch-Hund": "Hierher!" heißt ja schließlich nicht zwingend, "Komm' her, setze dich und warte bis ich dich angeleint habe", es kann Frauchen viel mehr Spaß machen, wenn ich zu ihr laufe, mich eine Armlänge entfernt brav hinsetze, um sie dann anschließend mit dem kleinen Spielchen "Fang' mich doch" für ihre Mühe zu belohnen. "Steh-Bleib!" heißt natürlich "Warte in dieser Position", aber sollte ich deswegen meinem Kumpel aus der Hundeschule gegenüber unhöflich sein und ihn einfach links liegenlassen, wenn doch sonst von mir erwartet wird, dass ich mich allen gegenüber freundlich verhalte? "Platz!" heißt "Leg' dich bitte hin, außer wenn der Boden nass ist, dann erkältest du dich nur."
O.K. auch die Zeit der "Grundschule" ging irgendwann vorbei. Wieder hatten wir alle eine Menge Spaß und so war klar, dass wir drei nach einer kleinen Winterpause wieder loslegen würden. Zur Zeit "wechsele" ich gerade auf die "Weiterführende Schule" und habe einen Kurs in Agility belegt. Über meine Erfahrungen dort berichte ich dann in Kürze wieder. Natürlich werde ich auch weiter fleißig(?) Vokabeln pauken, wobei ich schon früh gemerkt habe, daß die Menschen für ihren Teil des Vokabeltrainings (Langenscheid Teil: "Hund-Mensch") bedeutend längere Übungszeiten brauchen! Frauchen hat viele Bücher mit Hundebildern darin geblättert und oft mit der Hundetrainerin diskutiert, dabei hätte sie mich nur anschauen müssen, um die Antwort auf ihre Fragen zu kennen. Aber so sind die Menschen eben: In puncto Beobachtungsgabe sind sie uns meilenweit unterlegen!
Der erste Agility-Kurs liegt nun hinter mir und ich muß sagen: "Diese Art von beruflicher Weiterbildung gefällt mir!" Hürde, Tunnel, Steg, A-Wand und Co. sind einfach Klasse, um auch Frauchen ein bischen auf Trab zu bringen! Von wegen immer nur Joggen und Fahrradfahren, hier muß sich mein Frauchen manchmal richtig anstrengen, um noch hinterher zu kommen. für mich steht jedenfalls schon fest, daß ich nach den Sommerferien damit weitermache. Wie's scheint hat mich für die nächsten drei Wochen die zweite Läufigkeit ein wenig "ausgebremst". Nicht, daß ich mir etwas daraus mache, aber ich hatte auch so schon eine geradezu magische Wirkung auf meine männlichen Mitschüler in diesem Kurs.
Nach der Sommerpause bin ich schon ganz gespannt auf neue Hindernisse, denn inzwischen habe ich für Hindernisse aller Art ein viel feineres Gespür entwickelt, als mein Frauchen. Das Wasserhindernis in unserem Übungsparcour, das auch im Video zu sehen ist, hatte sie komplett übersehen und ist dafür sozusagen stellvertretend für mich über die letzte Hürde gesprungen (ich glaube, das nennt man bei den Menschen "teamwork"!).
Inzwischen bin ich drei Jahre alt und in meiner Familie eine feste Institution. Meine Aufgaben als Familienhund sind vielfältig und ich habe jeden Tag eine Menge alter und neuer Herausforderungen zu bestehen. Mit meinem Frauchen bin ich jeden Tag in Feld, Wald und Wiese unterwegs und begleite sie fast bei jeder Gelegenheit/Tätigkeit.
Während S I E zum Beispiel völlig verzückt auf die Knie geht, um im Wald einen unscheinbaren Pilz zu fotografieren, helfe ich ihr, indem ich ein paar Meter weiter den Waldboden für die nächste Generation an Pilzen vorbereite und wenn S I E ihre Kamera in Postion bringt, um damit einen Laufkäfer zu bedrohen, dann schneide ich dem Insekt mit meiner Nase den Weg ab, auch wenn Frauchen später dann doch wieder nur meine Nase auf ihren Fotos wiederfindet.
Manche Fotos wären ohne mich aber auch gar nicht erst entstanden, wie z.B. das von dem Igel den ich spät abends auf dem Nachhauseweg entdeckt habe.
Mit Minifrauchen wiederum macht es vor allem Spaß die Wohnung neu zu dekorieren. Ich merke sofort, wenn sie mich für irgendeine wichtige Arbeit braucht und bin dann sofort an ihrer Seite. Frauchen scheint mit diesem Teil meines Jobs nicht immer einverstanden zu sein; in puncto Wohnzimmer-Deko ist sie eben sehr konservativ.
Herrchen dagegen muss ich immer mal wieder von seinem Arbeitsstress befreien, indem er irgendwelche Dinge wegwirft, die er dann aber selber - wahrscheinlich weil er so erschöpft ist - nicht mehr wieder zurückholen kann. Meistens tue ich ihm dann den Gefallen und bringe sie zurück, auch wenn diese Aktion ziemlich sinnfrei zu sein scheint, weil er sie dann meistens wieder wegwirft. Aber er freut sich immer so, wenn er die Dinge wiedererkennt...
Natürlich versuche ich meine Arbeitskraft immer möglichst gleichmäßig auf alle Familienmitglieder zu verteilen, auch wenn das manchmal schwierig ist. Man hat nun einmal nur vier Pfoten...
So ist eben der Job eines Familienhundes: Mit der Arbeit im und um das Haus herum ist es nicht getan. Man muss flexibel bleiben ... und extrem tolerant gegenüber den teilweise ziemlich bescheuerten Unternehmungen der einzelnen Familienmitglieder!